Der Abmahnwahn treibt immer buntere Blüten. AdvoGraf kann nicht auf alle Fälle eingehen,
aber manches ist so kurios oder schon realitätsfern, dass man wirklich nur noch sagen kann:
"auch das noch!": Das wirklich Allerletzte zum Thema Abmahnwahn.
Pfadfinder auf Abwegen
von Dominic Lencer
Wieder einmal sieht sich eine Firma durch vermeintliche Markenverletzer
aufgefordert, die Abmahnkeule auszupacken.
Und im Falle der "SCOUT24 Gruppe" ist es die XXL-Version...
Die "SCOUT24 Gruppe" steckt hinter den bekannten Angeboten wie
immobilien-scout24
oder autoscout24, auf
denen Nutzer eigene Immobilien oder Automobile anbieten können.
Die Kombination aus "scout" (engl. Kundschafter, Pfadfinder)
und der Zahl "24" ist dabei durchaus als prägnant zu
bezeichnen, allerdings verlieren diese ihre Kennzeichnungskraft, wenn sie
nicht mehr in Kombination auftreten, sondern für sich allein stehen -
sollte man meinen. Doch die "SCOUT24 Gruppe" ist da anderer Ansicht
und beansprucht Domains mit dem Bestandteil "scout" für sich.
Die kostenbewehrten Abmahnungen, die die Anwälte des besagten
Unternehmens an Domainbesitzer etwa von
gastro-scout.com
[3] verschickten, setzen den Streitwert bei 500.000 DM fest,
woraus sich für die Abgemahnten
inkl.
diverser Erhöhungsgebühren Kosten in Höhe von 9709,34 DM
ableiten - nebst Verlust der Domain und damit eventuell der Geschäftsgrundlage,
sofern die so üppig bedachten "Markenpiraten" auf die Forderungen
eingehen. Angesichts des gewaltigen Kostenrisikos im Falle eines Gerichtsverfahrens,
mag manch Betroffener das "kleinere Übel" vorziehen. Und genau damit
rechnen die Abmahner - denn unter den hunderten abgemahnten Domainbetreibern
befinden sich fast ausschließlich solche, bei denen davon ausgegangen werden kann,
dass sie nicht die nötigen Finanzmittel für einen Gerichtsstreit
womöglich über mehrere Instanzen haben.
Fazit
Das bekannte Prinzip, Privatleute und kleine Gewerbetreibende aufgrund
angeblicher Markenverletzungen mit Abmahnungen samt Anwaltskosten in einschüchternder
Höhe zur Herausgabe ihrer Domains zu zwingen, hat also Schule gemacht.
Bedenkt man, wie leicht die Anwaltskanzleien auf diese Art Geld erwirtschaften
können, wundert man sich fast, dass es nicht noch mehr Abmahner gibt. Das
ist wohl nur dadurch zu erklären, dass die meisten Firmen um ihren eigenen
Ruf besorgt sind - aber offensichtlich nicht alle.
[DL 25.02.2001]
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